Gespräch mit Iris Gusner (Deutsch)
Mit einer Video-Intervention von Doreen Mende
28. März 2019, 18.00 – 20.00 Uhr
1060 Wien, Lehargasse 8, Tor 1, 1. OG Atelier Nord
Teil der Ringvorlesung am IBK
Film ist nicht nur eine kollektive Kunst, sondern auch eine teure. Deshalb müssen wir als Filmemacher*innen immer neue Türen finden. Die meiste Zeit verbringen wir damit, die Möglichkeit zu schaffen, um diese Kunst überhaupt ausüben zu können. Darüber hört man in der Ausbildung wenig.
Auf der Grundlage dreier Filme („Die Taube auf dem Dach“, „Kaskade rückwärts“ und „Alle meine Mädchen“) wird die deutsche Filmregisseurin Iris Gusner mit dem Publikum über die oft unsichtbaren Dimensionen der praktischen Arbeit als Regisseurin sprechen. Im Zentrum stehen Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Inhalt und filmischer Form sowie nach den institutionellen und organisatorischen Strukturen der Filmproduktion. Ein Gespräch über Filme, aber auch über die vielfältigen Abhängigkeiten, mit denen Regisseurinnen in ihrer Arbeit umgehen; über Geld, herrschende Ideologien sowie die Aushandlungsprozesse mit Mitarbeiterinnen.
Die Kuratorin und Theoretikerin Doreen Mende leitet das Gespräch mit einer kurzen Video-Intervention ein. In ihrem Text „Letter to Iris Gusner“ fragt sie nach den transgenerationalen und geo-politischen Beziehungen, die Filme herstellen – den Türen (und Fenstern), die Filme sein können: „What is the role of the image for enacting solidarity crossing borders?“
Iris Gusner
Die Regisseurin Iris Gusner zählt zu den wenigen Spielfilmregisseurinnen der ehemaligen DDR. Nach ihrem Regiestudium an der Moskauer Filmhochschule WGIK (1960- 1967) war sie als Regisseurin für das Spielfilmstudio der DEFA (Deutsche Film-Aktiengesellschaft) tätig, von einigen kurzen Fernsehfilmen abgesehen. Ihr Debütfilm „Die Taube auf dem Dach“ wurde 1973 verboten und konnte seine Premiere erst 2010 feiern. Trotzdem realisierte Gusner zwischen 1974 und 1988 noch sieben Spielfilme. Im Zentrum ihrer Arbeiten stand zumeist die Rolle der Frauen in der Deutschen Demokratischen Republik. Im Sommer 1989 verließ sie die DDR und zog nach Köln, wo sie anfangs an einer Fernseh-Serie mitarbeitete, später den Fernsehfilm „Sommerliebe“ schrieb und drehte. Seit 2003 lebt sie in Berlin und ist als Regisseurin sowie als Lektorin und Übersetzerin tätig. Gemeinsam mit Helke Sander veröffentlichte sie 2009 das Buch „Fantasie und Arbeit“, ein biografisches Zwiegespräch zwischen den beiden Filmemacherinnen. 2018 erschien ihr Buch „Start in Moskau“, in dem sie und einige ihrer damaligen ausländischen Kommilitonen sich an ihre Studienzeit in Moskau erinnern und erzählen, wie sich danach in ihren jeweiligen Ländern ihr Berufsleben als Regisseure gestaltete.
Doreen Mende
ist Kuratorin und Theoretikerin sowie Professorin an der Haute école d’art et de design Genève. Sie arbeitet zu geopolitischen Bedingungen in Bildproduktion und Displayprozessen und ist seit 2015 im Gründungsteam des Harun Farocki Instituts in Berlin. Ausstellungen: KP Brehmer. Real Capital Production (London, 2014); Travelling Communiqué (Belgrad, 2012 – 2014, mit Armin Linke und Milica Tomic). Jüngste Publikationen: Hg.: Thinking under Turbulence, Berlin (Motto Books) 2017; Knowledge of Struggles, in: Future Imperfect: Contemporary Art Practices and Cultural Institutions in the Middle East, hg. v. Anthony Downey, Berlin (Sternberg Press) 2016.